Berlin In der Hoffnung auf schnelle Ergebnisse hat Bundesforschungsministerin Anja Karliczek die Fördermittel zur Erforschung des Coronavirus und möglicher Medikamente kräftig aufgestockt. Statt der im März verkündeten 15 Millionen Euro soll das Sonderprogramm nun das dreifache Volumen umfassen, wie die CDU-Politikerin an diesem Montag bekanntgab. Die 45 Millionen Euro reichen laut Karliczek für 90 Projekte. Bis Mitte Mai gingen bereits mehr als 500 Förderungsanträge ein.
Durch das beschleunigte Verfahren seien bereits zwei Drittel der Projekte genehmigt, der Rest folge in den nächsten Wochen. Üblicherweise dauert es von der Ausschreibung solcher Programme bis zur Zusage mitunter bis zu einem Jahr.
Das Programm läuft parallel zur Förderung der Impfstoffforschung, für die das Ministerium national und international insgesamt fast eine Milliarde Euro bereitstellt. Im nun aufgestockten Sonderprogramm geht es um das grundlegende Verständnis des Coronavirus: „Die Biologie des Virus und seine Verbreitungswege noch besser zu verstehen, ist der Schlüssel für Therapien und Maßnahmen zur Eindämmung des Virus“, so Karliczek. Zudem sei Ziel des Programms, zu erforschen, wie sich politische Entscheidungen, etwa Lockerungsmaßnahmen, und soziale Empfehlungen auf das Individuum, aber auch auf die Gesellschaft auswirkten.
Entsprechend reicht die Bandbreite der Projekte von der Grundlagenforschung über die Soziologie bis hin zu Therapien. So untersucht etwa die Universität Heidelberg in einer klinischen Studie, wie schwererkrankte Covid-19-Patienten mit Blut-Plasma von Patienten behandelt werden können, die die Erkrankung bereits überstanden und viele Antikörper gebildet haben.
Dies wird an insgesamt sechs Standorten untersucht. Es gebe bereits Hinweise, dass mit dieser Methode die Sterblichkeit von Patienten mit Sars-, Ebola- oder Influenza-Infektionen verringert werden konnte, aber keine systematische Erforschung, sagte Studienleiterin Claudia Denkinger.
Einfluss von Blutgruppen und Genetik
Das ethnologische Projekt „CoronaCare“ untersucht, wie sich die sozialen Beziehungen der Bürger durch Corona etwa in der Familie oder im Job verändern. Denn körperliche Unversehrtheit und finanzielle Hilfe „reichen nicht aus, Corona schadet auch der sozialen Gesundheit“, sagte Forschungsleiterin Christine Holmberg von der Medizinischen Hochschule Brandenburg. Die Forschung soll helfen, sich besser auf künftige Pandemien vorzubereiten.
Um die Details einer Corona-Infektion unter möglichst natürlichen Bedingungen erforschen zu können, lässt ein Team der Ruhr-Universität Bochum menschliches Lungen-Modell-Gewebe aus Stammzellen wachsen. Das Gewebe wird anschließend mit dem Virus infiziert.
Das Gewebe aus Stammzellen erlaube eine weit bessere Wirkungsforschung wie die üblichen Zellkulturen, die oft nur aus einer einzigen Zelle bestehen, sagte Forschungsleiterin Stephanie Pfänder. Zudem könne man Tests mit verschiedenen antiviralen Wirkstoffen im Schnelldurchlauf realisieren.
Welchen Einfluss Blutgruppen sowie die Genetik auf die Schwere des Infektionsverlauf haben, untersucht die Uni Kiel anhand von 5000 Blutproben aus stark betroffenen Ländern wie Spanien und Italien. Die Untersuchung zeige, dass Menschen mit der Blutgruppe A ein um etwa 50 Prozent höheres Risiko für einen schweren Verlauf tragen als Menschen mit anderen Blutgruppen. Menschen mit Blutgruppe null hingegen waren demnach um knapp 50 Prozent besser vor einer ernsten Covid-19-Erkrankung geschützt.
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July 20, 2020 at 06:45PM
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Pandemie: Forschungsministerin Karliczek verdreifacht Mittel zur Erforschung des Coronavirus - Handelsblatt
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